15. Dezember 2020

…und täglich grüßt der BREXIT

Ihr Kontakt im ICS

Alexandra KOHRGRUBER

Projektmanagement
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Wo stehen wir aktuell und was bedeutet das für steirische Unternehmen?

Am 31.01.2020 verließ das Vereinigte Königreich bereits formell die EU, der Brexit wurde vollzogen, das Königreich wurde zum Drittstaat und die EU-28 auf 27 Mitgliedsstaaten reduziert. Für heimische Unternehmen ergaben sich daraus zunächst keine Änderungen – business as usual konnte dank der Einigung über den Austrittsvertrag zwischen EU und dem UK und der damit einhergehenden Übergangsphase fortgesetzt werden.

Am 31.12.2020 – in genau 15 Tagen – endet dieser Übergangszeitraum jedoch und das Vereinigte Königreich wird somit auch praktisch zum Drittstaat. Ob dann ein Nachfolgeabkommen besteht, das die künftigen Beziehungen mit dem UK regelt, steht auch heute – knapp zwei Wochen vor dem entscheidenden Datum – noch nicht fest.

Und egal ob mit oder ohne Nachfolgeabkommen – die Geschäftsabwicklung mit dem UK ändert sich in jedem Fall und birgt insbesondere für Unternehmen, die bis dato nur innerhalb der EU tätig waren, mitunter große Herausforderungen.

Unser Tipp: Merken Sie sich schon jetzt unser Live-Webinar | Geschäfts­abwicklung post Brexit am 2.2.2021 vor!

„Ziel muss es sein, mit allen Verhandlungsgeschicken zu versuchen, einen ungeregelten Hard-Brexit als Worst-Case-Szenario, also eine Lose-Lose-Situation, zu vermeiden.“

Doch welche Fragen beschäftigen unsere heimischen Unternehmen wirklich? Wir beantworten Ihnen die Top-5 der meistgestellten Fragen der steirischen Betriebe.

Bitte beachten Sie, dass es sich hierbei um eine Erstinformation handelt, für die Abklärung Ihres individuellen Falles ersuchen wir um Ihre Kontaktaufnahme unter office@ic-steiermark.at; Mit dieser vereinfachten Darstellung möchten wir Ihnen als Orientierungshilfe einen schnellen Überblick über die aktuellen Brexit-Regelungen geben.

5 Fragen & Antworten zum Brexit

[Stand: 16.12.2020]
Welche Änderungen ergeben sich zum Thema Zoll & Steuern beim Export nach bzw. Import aus UK?

Ab sofort besteht zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU eine Zollgrenze. Aus innergemeinschaftlichen Lieferungen werden nunmehr Ausfuhren. Sowohl für den Warenimport- als auch Export sind Zollformalitäten, inkl. Zollkontrollen, Zollanmeldungen und Ursprungsregeln, einzuhalten und Ausfuhrnachweise erforderlich.

Zollfreiheit besteht nur für Ursprungswaren, jedoch ist auch für den Export von zollbefreiten Waren eine Zollanmeldung erforderlich.

Zu beachten ist auch, dass die Einfuhr im UK nur von einem vor Ort niedergelassenen Unternehmen (Kunde, Zolldienstleister/indirekter Zollvertreter) durchgeführt werden kann. Dies ist insbesondere auch in der Wahl des Incoterms zu berücksichtigen – Achtung: Die Vereinbarung von DDP oder EXW kann keinesfalls empfohlen werden!

Welche steuerrechtlichen Änderungen sind zu beachten?

Ab 2021 endet auch die EU-Mehrwertsteuerrichtlinie und aus umsatzsteuerbefreiten, innergemeinschaftlichen Lieferungen werden Ausfuhren/Exporte, die nur unter bestimmten Voraussetzungen umsatzsteuerfrei sind: Beförderung/Versendung der Ware durch den Lieferanten oder den ausländischen Abnehmer, Vorlage des Ausfuhrnachweises, Buchnachweise sind ebenfalls notwendig. Zudem ist eine österreichische/EU EORI Nummer erforderlich.

Bei der Einfuhr im Königreich ist neben der Zollanmeldung und ggf. Zöllen auch die Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten. Hierfür muss der Importeur (importer of records) steuerlich registriert sein und eine britische EORI Nummer vorweisen können.

Können BritInnen weiterhin in Österreich bzw. ÖstereicherInnen im UK leben und arbeiten?

UK-Staatsbürger, die bereits vor 2021 in Österreich gelebt haben, behalten auch nach dem Austritt der Briten aus Binnenmarkt und Zollunion ihr unionsrechtliches Aufenthaltsrecht, denn für sie greift das Austrittsabkommen; ihr Aufenthaltsstatus entspricht weitgehend jenem für Unionsbürger und sie können weiterhin in Österreich leben und arbeiten. Erforderlich ist die Beantragung des Aufenthaltstitels "Artikel 50EUV" bei der zuständigen Behörde, die sich nach dem Hauptwohnsitz richtet (Magistrat, BH, oÄ). Die Antragstellung ist von 01.01.2021 bis 31.12.2021 möglich.

EU-Bürger, die bereits vor 2021 im UK gelebt haben, müssen wiederum einen Antrag auf settled status bzw. pre-settled status zu stellen, um ihren Aufenthalt im Vereinigten Königreich zu sichern.

Für all jene, die erst 2021 nach Österreich bzw. in das Vereinigte Königreich ziehen möchten ergeben sich jedoch Änderungen, da diese nunmehr den Status von Drittstaatsangehörigen haben. In Österreich ist unter bestimmten Voraussetzungen die Beantragung der Rot-Weiß-Rot Kate möglich; im UK greift das neue Points-Based-Immigration System.

Unter welchen Voraussetzungen kann ich Dienstleistungen im UK erbringen bzw. meine Mitarbeiter entsenden?

Der Austritt aus Binnenmarkt und Zollunion bedeutet auch den Wegfall der Dienstleistungsfreiheit. Kurzfristige Aufenthalte im UK sind auch weiterhin ohne Visum möglich, wie zB Werksbesuche, Projektbesprechungen, Bedürfniserhebung, interne Reisen zu Niederlassung, Schulungszwecke etc. Die Tätigkeiten, die im Rahmen des visumsfreien Aufenthalts erlaubt sind, sind jedoch eingeschränkt: Montageeinsätze inkl. Installation, Reparatur, Aufbau von Hardware, Software sind nur dann visumsfrei möglich, wenn zwischen Hersteller und Kunden ein direkter Kauf, Liefer- oder Leasingvertrag besteht. Siehe hierzu die Liste der erlaubten Tätigkeiten unter den Immigration Rules 

Hier kann eingesehen werden, für welche Tätigkeiten ein Visum beantragt werden muss: LINK

Für Entsendungen nach Österreich wiederum ist eine Entsendebewilligung (bis 4 Monate pro Jahr) bzw. Beschäftigungsbewilligung (ab 4 Monate pro Jahr bzw. zB bei Arbeiten im Baubereich) notwendig. Hierfür ist die Kontaktaufnahme mit dem örtlich zuständigen AMS erforderlich.

Brexit-Hintergrundinfos

To deal or not to deal

Mehr als viereinhalb Jahre liegt das nunmehr historische Brexit-Referendum zurück, im Zuge dessen sich knapp 52% der Briten für den Austritt aus der EU entschieden haben. Viereinhalb Jahre, geprägt von unzähligen Verhandlungsrunden- & Diskussionen, Annäherungen & Entfremdungen zwischen den Verhandlungspartnern und mehr oder weniger medienwirksamen Auftritten.

Rückblickend ist die Einigung zwischen der EU und dem UK über den Austrittsvertrag Ende 2019, eine der Erfolge der Verhandlungen. Schließlich legt dieser vielfach zitierte „Scheidungsvertrag“ nicht nur weite Bereiche wie die Rechte der EU-BürgerInnen im UK und BritInnen in der EU fest, sondern umfasst auch die so wichtige Übergangsphase: Zwar verließ das UK am 31.1.2020 formell die EU, dank der vereinbarten Übergangsphase konnte jedoch sichergestellt werden, dass dies keine praktischen Auswirkungen nach sich zog und das UK nach wie vor wie ein EU-Mitgliedsstaat behandelt wurde. Auch für heimische Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen im UK änderte sich somit bis dato nichts.

Ziel war es, diese Übergangszeit zu nützen, um bis zum 31.12.2020 ein möglichst umfassendes Nachfolgeabkommen zu schnüren und somit einen „sanften“ Start im Jahr 2021 zu ermöglichen. Die Monate verstrichen und waren zuletzt geprägt von den Auswirkungen der Covid19-Pandemie, die das UK noch härter als Kontinentaleuropa traf und Verhandlungen für viele Wochen nur virtuell ermöglichte; Ein Umstand der die komplexen Verhandlungen zwischen britischer Souveränität und der Integrität des EU-Binnenmarkts über die besonders heiklen Knackpunkte – faire Wettbewerbsregeln („level playing field“), die Fischerei & die Streitbeilegung bei künftigen Konflikten – sicherlich nicht einfacher machte.

Time to say good-bye

In knapp zwei Wochen, am 31.12.2020, endet die Übergangsphase also und das Vereinigte Königreich verlässt nicht nur den Binnenmarkt, sondern auch die Zollunion & das harmonisierte Umsatzsteuergebiet und wird damit auch praktisch zum Drittland;

Ob mit oder ohne Nachfolgeabkommen ist auch heute (Stand 16.12.2020), trotz Johnsons „Get Brexit Done“-Parolen und vielfach gesetzten Deadlines beiderseits, noch immer nicht fix.

Sie haben individuelle Fragen?

Vertiefende Informationen & Antworten auf viele weitere Fragen rund um den EU-Austritt des UK inkl. Rückblick zur Webinar-Reihe „Baustelle Brexit“ finden Sie unter: www.wko.at/brexit

Das ICS berät Sie gerne in enger Kooperation mit dem Brexit Info Point der Wirtschaftskammer Österreich (T: 0590900-5590 | E-Mail: brexit@wko.at) und dem WKÖ AußenwirtschaftsCenter in London

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