Lieferschwierigkeiten & Zwangsenteignungen Russland

Aktuelle Information hinsichtlich der Lage in der Ukraine / Russland / Belarus

[Stand: 18.03.2022]

1 | Transport und Logistik in Zeiten von Sanktionen

Aufgrund der aktuellen Krisensituation werden viele Geschäftsbeziehungen momentan grundlegend überdacht, analysiert und angepasst. Bedacht werden müssen neben anderen Aspekten der Durchführung von Geschäften auch Fragen des Transports und der Logistik von Waren. Auf Grund der Sanktionen, und der abnehmenden Import- und Exportgeschäfte stehen Logistiker und Unternehmen vor großen Herausforderungen.

Von den sechs größten Reedereien, die in Russland tätig waren, bleibt COSCO als einzige bisher im Geschäft, während APM-Maersk, MSC, CMA CGM, Hapag-Lloyd und der Ocean Network Express ihre Lieferungen von und nach Russland vorerst eingestellt haben. In britischen Häfen gilt ein Einfahrverbot für Schiffe, die auf irgendeine Weise mit Russland verbunden sind, ähnliche Einschränkungen drohen in der EU. Der Hamburger Hafen hat die automatische Genehmigung aller Transporte nach Russland vorerst ebenfalls gestoppt, für Lieferungen können jedoch Einzelgenehmigungen erteilt werden. Verstärkte Kontrollmaßnehmen drohen, den Schiffstransport weiterhin zu verlangsamen.

Auch auf die Landwege hat die aktuelle Situation Auswirkungen, nicht zuletzt wegen steigender Kraftstoffpreise. So hat der Logistikdienstleiter DB-Schenker seine Geschäfte mit Russland betreffend Luft-, Land- und Seefahrt bereits eingestellt. Andere große Dienstleiter wie Kühne + Nagel und DHL haben dies ebenfalls getan. Zu einem weiteren Problem der Lieferketten über Landwege könnte der Ausfall der vielen Lkw-Fahrer aus der Ukraine werden. Dies betrifft zB etwa 100.000 Fahrer in Deutschland. Für Österreich gibt es noch keine Zahlen.

Quelle: Rödl & Partner Moskau

2 | Russische Exportverbote & drohende Enteignung ausländischer Investoren

Als Reaktion auf die Verhängung von Sanktionen aller Industrienationen außer China, hat die Russische Föderation ihre Gegenmaßnahmen ausgeweitet. Die neuen Maßnahmen wurden insbesondere durch das „Dekret 100“ des Präsidenten sowie durch die Anordnung der russischen Regierung Nr. 311 vom 11. März 2022 zu Papier gebracht.

Nachdem die bisherigen russischen Gegenmaßnahmen vor allem darauf abzielten, die Kapitalflucht aus Russland zu stoppen, hat die russische Regierung nunmehr ein Exportverbot für eine Vielzahl von Waren verhängt (va. Telekommunikations-, medizinischer, Automotive-, Landtechnik- und elektrischer Ausrüstung sowie von Holzprodukte). Öl- und Gas sind nicht darunter. Das Exportverbot wurde zunächst bis zum 31. Dezember 2022 verhängt. Es erschwert die Situation für Tochtergesellschaften westlicher Unternehmen in Russland. Diese sind nunmehr daran gehindert, Lagerbestände an Abnehmer in der EU oder der USA zu veräußern. Nach China ist einer Veräußerung aber bspw. möglich.

Am 9. März verabschiedete die russische Regierung einen Gesetzesentwurf, der es ermöglicht, russischen
Gesellschaften mit ausländischer Beteiligung (Kontrolle oder min. 25%-ige Beteiligung) unter externe Verwaltung zu stellen. Die entsprechenden Gesellschaften müssen

  • über eine Bilanzsumme von 1 Mrd. Rubel und mindestens 100 Mitarbeiter verfügen.

Gründe für die Einführung eines externen Managements:

  • Die Führung der Geschäfte des Unternehmens wurde faktisch eingestellt
    (zB.: das Management hat Russland verlassen, Reduktion von Vermögenswerten, Einstellen der Tätigkeit).
  • Die Leitungsorgane des betroffenen, russischen Unternehmens oder dessen Gesellschafter/Aktionäre haben Handlungen vorgenommen, die zu einer ungerechtfertigten Einstellung der Tätigkeit des Unternehmens, zu dessen Liquidation oder zur Insolvenz führen können (zB. bei Einstellung der Unternehmenstätigkeit, Verträge, die für den Betrieb des Unternehmens unerlässlich sind, wurden gekündigt; Maßnahmen zur Entlassung von mehr als 1/3 der Belegschaft,…).

Die Entscheidung über die Einsetzung eines externen Managements wird vom Gericht auf der Grundlage eines Antrags des russischen Föderalen Steuerdienstes oder eines Mitglieds des Aufsichtsrats des Unternehmens getroffen. Anregen kann einen Antrag zB. auch der Leiter der Region, in der das Unternehmen ansässig ist, der zuständige Minister, Staatsanwälte und einige andere Beamte.

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das betroffene, russische Unternehmen im Anschluss an die externe Verwaltung in Form einer Abspaltung bzw. Ausgliederung reorganisiert wird: Die Vermögenswerte des Unternehmens gehen dabei auf eine neu gegründete Gesellschaft über. Die Anteile an dieser neu gegründeten Gesellschaft werden dann durch den externen Verwalter im Rahmen einer Auktion veräußert und das ursprüngliche Unternehmen wird liquidiert.

Quellentext: HIER

3 | Aktuelle Sanktionen-Pakete gegen Russland

Aufgrund der dramatischen Entwicklungen in der Ukraine hat die Europäische Union am 23.02.2022 ein erstes Sanktionen-Paket beschlossen.

In der Folge wurde als Reaktion auf den völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine am 25.02.2022 ein zweites Sanktionen-Paket gegenüber Russland beschlossen.  Die neuen Sanktionsmaßnahmen beinhalten u.a. neue Exportkontrollen für Hightech-Produkte und Software, für Güter und Technologie zur Erdölraffination sowie für Güter und Technologie für die russischen Luft- und Raumfahrtindustrie sowie die teilweise Aussetzung von Visa-Erleichterungen, ein Start-, Lande- und Überflugverbot für in Russland registrierte Flugzeuge und das Verbot von Transaktionen mit der russischen Zentralbank. Dazu gehören auch die am 28.02.2022 veröffentlichten neuen Sanktionsmaßnahmen, die im Wesentlichen die Ausweitung der Listen der von den Sanktionen betroffenen Personen und Organisationen beinhalten.

Drittes Sanktionen-Paket am 02.03.2022:
Umfangreiche Ausweitung der Sanktionen auf Belarus, Ausweitung der Listen der von den Sanktionen betroffenen Personen und Organisationen, Sanktionen gegen Medienunternehmen, Sanktionen (Ausschluss 7 russ. Banken aus dem SWIFT-System) gegen bestimmte Kreditinstitute, sowie das Verbot der Lieferung von Euro-Banknoten; weitere Sanktionen am 09.03.2022 (u.a. eine neuerliche Ausweitung der Listen der von den Sanktionen betroffenen Personen und Organisationen, Beschränkungen hinsichtlich Kryptowährungen und die Seeschifffahrt sowie weitere Angleichungen der bisherigen Belarus-Sanktionen

Viertes Sanktionen-Paket am 15.03.2022:
Ausweitung der Listen der von den Sanktionen betroffenen Personen und Organisationen, Investitions- und Ausfuhrverbote für den russischen Energiesektor sowie Handelsbeschränkungen für Eisen und Stahl sowie für Luxusgüter.

Mit einer weiteren Ausweitung der Finanz- und Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland muss gerechnet werden. Ob Waren oder Dienstleistungen nur mit einer Genehmigung des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) exportiert werden dürfen oder einem Exportverbot unterliegen, hängt in erster Linie davon ab, ob diese – oder der Empfänger/Endverwender selbst – in einer europäischen oder nationalen Güter- bzw. Personenliste genannt – „gelistet“ – sind. Des Weiteren gibt es europäische und nationale Genehmigungspflichten für nichtgelistete Güter aufgrund ihres Verwendungszweckes, sogenannte „Catch-all“-Regelungen. Im Allgemeinen ist eine Ausfuhr genehmigungsfähig, wenn die Kriterien des Außenwirtschaftsgesetzes 2011 erfüllt sind.

Den Quellentext, die entsprechenden Rechtsdokumente, die Antragsmöglichkeit für Exportgenehmigungen (zB für Altverträge u.Ä.) uvm. finden Sie HIER.

Übersicht der verhängten Sanktionen in Reaktion auf die russische Invasion in der Ukraine: